Johann Friedrich Mering, Zöllner in Andernach - Patrizier

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Patrizier

Die ersten Jahre können für Friederich und Maria Gertrude nicht leicht gewesen sein. Friederich muss sich nach den Jahren des Soldatenlebens an die Sesshaftigkeit gewöhnen und in seine neuen Aufgaben einarbeiten. Er muss um Sympathie unter den Verwandten seiner Frau – den Artz, den Bruels, den Hommers, den Paffraths – und er muss um Vertrauen unter seinen Nachbarn werben. In seiner Ehe muss er trösten: Das erste, lang erwartete Kind stirbt gleich am Tag der Geburt. Aber es scheint, als sei Friederich mit fast 40 Jahren erwachsen geworden. Er lebt sich ein und, soviel ich nach den erhaltenen Akten in Erfahrung bringen konnte, führt er sein Amt ohne Beanstandungen.Vielleicht ist es kein schweres Amt. Die Durchsicht der Waren auf den Lastschiffen macht der Beseher. Die Zollrechnungen schreibt der Zollschreiber. Der Nachgänger führt die abschließende Kontrolle durch. Johann Friederich ist natürlich verantwortlich in Zweifelsfällen, bei Beschwerden. Er muss mit seiner Autorität seine Untergebenen gegen widerspenstige Schiffer stützen, aber er muss auch über die Unbestechlichkeit der Beamten wachen. Seine Hauptverantwortung dem Kurfürsten gegenüber sind die Jahresabrechnungen. Zu Anfang scheint er sie selbst geschrieben zu haben, nachher überlässt er das gern dem Zollschreiber Ferdinand Welter. Nur 1735 macht er es noch einmal selbst in seiner schwertgewohnten Hand. Für gewöhnlich aber kontrolliert er die Einnahmen und Ausgaben nur und unterschreibt: Joann Frideric Mering Zollner oder JFMering, später auch: Mein Johann Friedrichen Mering Zöllnern Originale[36]. Und natürlich muss er die Gehälter auszahlen, die Zollknechte mit den Zinsen an die Aktionäre abfertigen sowie den Reingewinn an die Rentmeisterei senden. Viele seiner Jahresabrechnungen sind erhalten, die letzte von 1746.  Er war jahrelang wirklich berufstätig in Andernach. Sein Gehalt beträgt monatlich 11 Goldgulden 1 Silbergroschen, das sind jährlich etwa 134 Gulden, die 200 Reichstalern entsprechen[37]. Es ist sehr schwierig, sich über die Kaufkraft damals Vorstellungen zu machen, schon weil die Münzen so zahlreich waren. In Gold gab es Pistolen, Ducaten, Reichsthaler Species, Louis Blance und Rheinisch, in Silber die Albos, Schillinge, Heller und Petermertge. Mir scheint aber, als hätte das Gehalt für ein standesgemäßes Leben nicht ausgereicht, auch wenn noch „Akzidentalien“ dazu kamen, d.h. kleinere Vergütungen der Schiffer an die Beamten[38], die aber oft in Naturalien bestanden, so Lebkuchen oder Wein. Wahrscheinlich haben Schwiegervater und Halbbruder immer zum Unterhalt der Familie beitragen müssen. Mathias Rübsam tut das, indem er die Wohnung stellt. Ich nehme an, das junge Paar wohnt von Anfang an auf dem Hofgrundstück zwischen Korn- und Pfeffergasse, diesem Hofgrundstück, das Mathias Rübsam mit seiner ersten Frau Maria Catharina Artz 1702 gekauft oder, falls sie Erbin des Ohlbrückschen Hofes war, durch Kauf vergrößert hat[39]. Die „Pforte“, früher eine barocke Durchfahrt für Gespanne an der heutigen Rheinstraße, zeigt noch das Wappen der Rübsams und der Artz, die gekreuzten Schwerter und das Kleeblatt[40]. Das eigentliche Wohnhaus lag, über einen Hof von der „Pforte“ aus erreichbar, an der Pfeffergasse, der heutigen Meringstraße. Dort war ebenfalls ein Tor, so dass Pferdewagen oder Kutschen im verwinkelten Hof neben Scheune und Stallgebäude nicht zu wenden brauchten. Dies Wohnhaus in der Meringstraße diente von 1830 – 1945 als Schule. Nach Aussage von Karl Wind[41] wurde es 1945 durch eine Luftmine vollständig zerstört. Heute sind dort nur noch Garagen, aber es gibt eine Beschreibung in einem Kunstführer von 1941. Darin heißt es[42]: Meringstr. (ehemals Pfeffergasse) Nr. 5: ehem. Hof der Herren v. Mering, nach Mitteilung des Stadtarchivars Weidenbach ehem. Bassenheimer Hof, heute Schulgebäude. Anlage mit zwei Flügeln an der Straße, stattlicher Verputzbau von zwei Geschossen mit Halbgeschoß, hohe rechteckige Fenster, 17. Jh. Der rückwärtige Flügel von 1576, ebenfalls zweigeschossig mit Treppengiebel. Die stichbogigen Fenster jünger. Im Innern alte Spindeltreppe und Reste alter Balkendecken. Die Balken mit Blättern und Tau belegt. An der Konsole, auf der ein Balken ruht, Medaillon des 16. Jh. mit Kopf und Umschrift DER DRIT KEISER TIBERIUS NERO. Alte Treppe im Heimatmuseum. (s. d.).“ Diese Treppe aus Eichenholz mit einem geschnitzten Pfostengeländer von 1610 wird tatsächlich im Stadtmuseum heute noch genutzt, weil irgendwann eine solche Treppe für Schulkinder nicht geeignet erschien. Sie war schon eine Antiquität, als der Zöllner 1725 ins Haus einzog. Wie oft mag er die Treppe hinaufgegangen sein in die oberen Wohnräume! Wie auch immer die Zimmer zu seiner Zeit aufgeteilt wurden, sicher war Platz genug für zwei Familien: den alten Bürgermeister Rübsam mit seiner dritten Frau[43] und seiner Tochter Anna Catharina[44] und für die junge Familie Mering. Wenn sich das Büro für den Zoll wirklich über dem Rheintor befand, hatte Friedrich es von der „Pforte“ mit dem Wappen seiner Schwiegereltern nur ein paar Schritte zu seiner Arbeitsstätte.  Das Wappen der Schwiegereltern! Friederich hat in Andernach eingeheiratet. Er begegnet überall dem Einfluss, den Verbindungen seines Schwiegervaters. Er zieht Vorteil aus dessen Freundschaften. Wahrscheinlich muss er auch die Nachteile von dessen Feindschaften tragen.Sicher ist es Matthias Rübsam, der seinem Schwiegersohn den Kauf der Grabstelle bei den Franziskanern vermittelt. Bei den Franziskanern begraben zu werden, war standesgemäß und teuer. Johann Friederich verweigern die Franziskaner die Grabstätte nicht, denn Matthias Rübsam ist Syndicus Apostolicus des Klosters – er berät die Mönche in Rechtsfragen. Man versteht plötzlich, warum Friederich bei jeder sich bietenden Gelegenheit „kaiserlicher Hauptmann“ tituliert werden will. Den militärischen Rang verdankt er wenigstens seiner Tüchtigkeit! Deswegen heißt es im Grabstellenbuch der Franziskaner: Anno 1728 Praenobilis Dnus Joannes Fridericus Von Mering S. Caes. Maj. Regiminis Ogilvi Capitaneus, S. Elect. Colon. telonarius in Andernach sibi uxori suae et posteris ad hoc sepulchrum jus acquisivit.1728 14. Juniy in hoc sepulchro sepulta est Ima eius proles.Wenn wir Merings die Gräber unserer Vorfahren in Andernach suchen, können wir in die gotische Franziskanerkirche, die heutige evangelische Christus-Kirche treten. Sowohl die Gruft der Rübsams als auch die des Zöllners Mering befand sich im Chor der Kirche[45]. Ihre genaue Lage ist nicht überliefert. Mit Maria Gertrude Rübsam hat Friederich sechs Kinder. Zwei Mädchen und ein Junge sterben früh, drei Söhne werden erwachsen. Bei den ersten beiden Taufen sind nur Verwandte Paten: die junge Schwester der Mutter, der ältere Bruder des Vaters. Ab 1730 sind es außer dem Großvater Matthias, der jetzt häufig gebeten wird, immer wieder Servatius Nuppeney, der Schultheiß von Andernach, und seine Frau[46]. Nur einmal gibt es einen auswärtigen Paten, den kaiserlichen Rat und Generalsteuereinnehmer von Brabant Franz de Maringer, vielleicht einen Freund aus den Zeiten im kaiserlichen Heer, der jetzt wie Friederich Beamter geworden ist. Aber sogar dann vertritt am Taufstein bereitwillig Servatius Nuppeney den abwesenden Paten. Ich möchte daran ablesen, dass das Ehepaar Rübsam/Mering seinen Frieden mit den Nuppeneys gemacht hat. Der zum dritten Mal verwitwete, nun alternde Schwiegervater wird am 7. 12. 1732 nach einem kleinen Skandal im Mai desselben Jahres den Landzoll dem Schultheißen Servatius Nuppeney überlassen[47].

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