Dass Soldaten weit herum kommen, ist wohl bekannt. Oft sind sie am weitesten gereist von allen Familienmitgliedern. Auch Auswanderer reisen weit, oft so weit, dass sie ihr Geburtsland nie wiedersehen. Und dann gibt es noch die Experten. Sie verdingen sich als Fachleute für einige Jahre im Ausland, durchaus in der Absicht, später mit Gewinn in ihr Heimatland zurückzukehren.
War Franz Joseph Caspar von Mering ein solcher Experte? Am 27. Oktober 1800 unterschreibt er in Kopenhagen einen Vertrag mit der Königlichen Heeresleitung, für 8 Jahre im Dänischen Leibregiment zu dienen. Er kommt aus Kirchheimbolanden in der Pfalz. Mit Frau und winzigem Kind hat er die weite Reise nach Dänemark bewältigt. Das Stammbuch des Dänischen Leibregiments sagt zum Grund dieser Reise: durch Generals-Werbung.
Franz war schon vorher Soldat, er hatte Erfahrung: 3 Monate in französischen, 6 Jahre in preußischen Diensten, behauptet das Stammbuch. Trotzdem wird er erst in dänischen Diensten Sergeant, also Feldwebel.. Und er bleibt in Dänemark auch nach Ende seines Vertrages, bis zum Oktober 1813. Dann wird er vermutlich ausgewiesen, denn Dänemark erlebt nach schlimmen Jahren das schlimmste: den Staatsbankrott.
Franz von Mering war 1774 in Mainz-Kastel geboren, von katholischen Eltern. Auch sein Vater war Soldat gewesen, Oberleutnant im kaiserlichen Heer. Er starb früh, schon mit 12 Jahren war Franz Vollwaise. Als die Mainzer Republik gegründet wurde, 1793, war er 19. Ob er damals in französische Kriegsdienste trat? Aber wenn er wirklich 6 Jahre in preußischen Diensten war, müsste er schon 1792 nach Berlin gegangen sein.
1798 ist er jedenfalls in der Pfalz, vielleicht als Soldat. Er lernt Anna Maria Ziemer kennen. 1799 im März heiratet er die junge lutherische Pächterstochter, die ein Kind von ihm erwartet, vor dem Municipalbeamten in Kirchheimbolanden. Da ist er Branntwein Wirt. Die Heiratsurkunde ist in französischer Sprache. Und schon im Oktober 1800 ist er mit seiner Familie in Dänemark.
Wenn das Stammbuch des Dänischen Leibregiments festhält, dass Frantz Mehring zwar groß sei, 66 1/2 tommer, also 1,73 m, aber seine Schultern und Beine "smal", so ist er offenbar sehr dünn gewesen. Und das ist kein Wunder. Die Pfalz hatte durch die Revolutionskriege entsetzlich gelitten, Hunger und Arbeitslosigkeit herrschten. Dänemark hingegen war um 1800 ein blühendes Land. Die Familie von Mering konnte hoffen, sich zu erholen.
Beim Census 1801 wohnt sie in den Soelvegaden Kasernen, als einzige Familie unter lauter ledigen Soldaten. Die Archivarin des Rigsarchivet in Kopenhagen will es gar nicht glauben: mit Baby in der Kaserne! Aber das kenne ich schon. Der Koblenzer Stadtarchivar wollte auch nicht glauben, dass die Familie des preußischen Hoboisten von Mering in den düsteren Kasematten der Karthause gewohnt habe. Immerhin gab es Sold und genug zu essen.
Dass schon im April 1801 und dann erst recht im September 1807 die Briten Kopenhagen bombardierten, dass die schöne Stadt zerstört wurde und viele Menschen umkamen, dass der Wohlstand dahinschmolz und 1813 der Staatsbankrott folgte - das hatte Franz nicht voraussehen können. Dass Napoleons Soldaten als Besatzung einmarschierten, auch nicht. Bezahlten die Besatzer besser und ist Frantz Mehring, der sicher etwas französisch sprach, vom Dänischen Leibregiment ins französische Heer gewechselt?
Nach der Völkerschlacht bei Leipzig war seines Bleibens in Kopenhagen nicht länger. Freiwillig oder nicht - die Familie mit nun 6 Kindern machte sich auf den Heimweg an den Rhein. Franz ließ sich vom Sekretär der Österreichischen Gesandtschaft die Unterschrift des Priesters beglaubigen, der ihm die Geburtsdaten und Taufen seiner 5 in Kopenhagen geborenen Kinder aus dem katholischen Kirchenbuch abgeschrieben hatte. Er wusste, wie wichtig in Zukunft Papiere sein würden. Dann machte er sich auf in die vom Krieg gezeichnete Pfalz.