Dass Jean Pierre Henry mein Vorfahr ist, ist so sicher, wie eine Vaterschaft eben sein kann. Der Standesbeamte S. Roth in Mainz bezeugt am 12. Juli 1807, dass das Kind Catherine, das ihm vorgezeigt wird, nach der Aussage zweier Soldaten der Mainzer Garnison und der Hebamme das Kind von Francoise Josephe Blandin und Sr. Pierre Henry ist, officier du Genie attachè à la grande armée. Dieser Pierre Henry ist aber - leider - abwesend. Ob der gendarme à Cheval Jean Hartman und der gendarme à pied Jacques Lemlin den Officier du Genie überhaupt kennen, kann man nicht wissen. Sie sind vielleicht nur aus Kameradschaft Zeugen für die Soldatenfrau. Die Hebamme Eva Kraus kennt ihn sicher nicht. Alles hängt an der Mutter des Kindes. Francoise Josephe ist seit dem dem 14. September 1802 mit Pierre Henry verheiratet und gibt ihn als Vater ihres Neugeborenen an.
Dass Pierre Henry 1807 nicht in Mainz sein kann, wenn er attaché à la grande armée ist, versteht sich für die Zeitgenossen von selbst. Die Große Armee Napoleons befindet sich in Polen. Man hat Warschau eingenommen. Die Schwangere konnte ihren Mann zuletzt nicht mehr begleiten. Vorher wird sie wohl beim Tross des Heeres gewesen sein wie so viele Soldatenfrauen. Jetzt ist sie hier in Mayence auf französischem Boden sozusagen im Quartier der Frauen der Gendarmerie.
Die Heiratsurkunde aus Saarlouis kann nicht angezweifelt werden. Da ist Jean Pierre Henry anwesend und sein Bruder Laurent Henry ist Trauzeuge. Auch die Geburtsurkunde Pierres im Kirchenbuch des lothringischen Dorfes Luttange habe ich nach jahrelangem Suchen gefunden. Seinen Rang im napoleonischen Heer nachzuvollziehen, bleibt hingegen schwierig. Und sein Sterbeort und -datum ist unbekannt.
Trotzdem - oder gerade darum - ist er einer meiner interessantesten Vorfahren. Und er ist es wohl wert, dass meine Vermutungen über sein Leben zweimal gedruckt werden. Das erste Mal 1999 im 4. Heft des EKKEHARD in Halle und nun im Jahrbuch der Arbeitsgemeinschaft für Saarländische Familienkunde. Familiengeschichte ist oft rätselhaft. Selten lassen sich schnurgerade Linien ziehen. Das ist ja schon im eigenen Leben oft unmöglich.