Der Stammbaum gehört zur Familienforschung. Die genealogischen Programme alle werben damit: wir verhelfen Ihnen zu einem Stammbaum. Und auch Grafikbüros machen verlockende Vorschläge: so schön kann auch ihr Stammbaum aussehen. Aber was ist das denn überhaupt: ein Stammbaum?

Es soll eine Darstellung der Abstammung eines Individuums sein, anfangend mit Vater und Mutter, den 4 Großeltern, den 8 Urgroßeltern und dann weiter, so weit man eben die Taufen und Heiraten rückwärts verfolgen kann. Ein Baum ist das eigentlich nicht, eher ein Wurzelwerk. Aber egal. Die früheren Geschlechter, bei denen an der richtigen Abstammung die Legitimation in der Gesellschaft hing, haben das Stammbaum genannt. Und auch oft als Baum gezeichnet, mit dem Urvater als Stamm und seinen Kindern als Ästen, seinen Enkeln als Zweigen. Dann führten alle denselben Familiennamen, denn die Namen der Mütter waren hier unwichtig und nur die Namensträger zählten zum Stammbaum. Der Stammbaum garantierte Ordnung und Ehre, und er verlieh den Angehörigen Legitimität. Natürlich war er patriarchalisch. 

Wer sich Stammbäume ansieht, merkt, dass sie Kunstgebilde sind. Sie müssen vieles weglassen. Stammtafeln sind sehr viel weniger ordentlich, besonders, wenn sie auch die Eltern der jeweiligen Mütter aufnehmen. Und Stammlisten sind schon oft unübersichtlich, weil auch die Nachkommen jeden Kindes angeführt werden. Die genealogischen Programme arbeiten mit Schemata, die die einzelne Person beurkunden und dann mit Eltern nach der einen, und Kindern nach der andern Seite verknüpfen. Der Stammbaum wird erst am Ende der Forschung erstellt - und er ist eine Auswahl aus den Ergebnissen der Forschung.

Mein Großvater Carl von Mering hatte einen schönen handgeschriebenen Stammbaum der Merings. Gerahmt unter Glas hatte dies Werk in seinem Arbeitszimmer gehangen, wie ein Foto des jungen Modelleurs zeigt. Als ich ins Haus kam, waren Glas und Rahmen den Bomben zum Opfer gefallen - aber es war immer noch eine schöne Handschrift, auch wenn der Zeichenkarton etwas verbogen war und am Rand aufgeraut. Der Österreichische Werbeoffizier Franz Caspar von Mering war unser Vorfahr, er stand am rechten Rand des Blattes. Sein Sohn war meines Großvaters Urgroßvater Franz Caspar Joseph, sein Enkel meines Großvaters Großvater Peter Joseph,  sein Urenkel meines Großvaters Vater namens Peter. Über dieses Band hingen wir an der katholischen Patrizierfamilie der Kölner Merings. 

Was da alles fehlte! 25 Jahre schon beschäftige ich mich mit Familiengeschichte - und immer noch habe ich diesen Stammbaum nicht ganz verifiziert. Darauf machen mich besonders jetzt, in Zeiten, wo die Genealogie durch das Internet soviel bequemer zu betreiben ist, Mitglieder der Familie von Mering aufmerksam, die der Stammbaum überhaupt nicht kennt, ja, geradezu verleugnet. Sie führen oft nicht den Namen von Mering - aber sie wissen, dass sie von meinen Vorfahren abstammen. Wenn ich dazu neigte, anzunehmen, dass eine Linie ausgestorben sei - sie ist keineswegs ausgestorben, sie lebt unter anderem Namen munter weiter und vermehrt sich. Und beruft sich freudig auf die Verwandtschaft und die Familiengeschichte. 

Meine Homepage von-mering.de emanzipiert sich. Sie erzählt alte Geschichten, die neue Nachkommen finden. Es ist eine wahre Befreiung, zur Munterkeit und zur Zukunft. 

 

 

Für die Familie von Mering ist Koblenz ein wichtiger Ort. Seit den Anfängen meiner Familienforschung beschäftigt mich die schöne Stadt. Und das Landeshauptarchiv Koblenz ist das erste bedeutende Archiv, das ich besucht habe. Das war schon 1996. Und im selben Jahr habe ich auch schon Reinhold Mering kennen gelernt, den Koblenzer Meringforscher.   Wie oft ich in Koblenz gewesen bin, allein oder mit Franz, das weiß ich gar nicht. 2015 war es das letzte Mal. Das Archiv beherbergt auch das Stadtarchiv Andernach - eine weitere Hochburg der Familie. Und es beherbergt wichtige Akten der Meringschen Stiftung in Wipperfürth. 

In den letzten Tagen bin ich zweimal aus Koblenz zur Familienforschung angefragt worden. Beide Male aus relativ naher Verwandtschaft, von Nachkommen des Franz Joseph Caspar von Mering. Wie sollte es auch anders sein! Seine Nachkommen sind die meisten Merings in Deutschland. Es berührt mich besonders, weil sich mein Reisetermin nach Kopenhagen nähert. Am 26. September will ich im Reichsarchiv in Kopenhagen das Soldbuch des Dänischen Leibregiments aus den Jahren 1801 bis 1813 durchblättern, in der Hoffnung, etwas über den Corporal Frantz Mehring herauszufinden.

In diesen Jahren, wo Dänemark sich gegen die Engländer so heftig wehren musste, hat Franz Mering in Kopenhagen als Söldner gedient. Er hat dort 1801 in der Soelvgade-Kaserne gewohnt, mit Frau und kleinem Kind. Ob er auch später noch dort wohnte, mit zuletzt 6 Kindern? Ob ich wenigstens über die Aufgaben des Danske Livregiment als Ganzem etwas erfahren kann? Und seine Beteiligung bei den Kämpfen 1801 und 1807?

Gerne würde ich meinen Koblenzer Verwandten etwas Konkretes aus Kopenhagen mitbringen über unsern gemeinsamen Vorfahren Franz Joseph Caspar von Mering.                    

 

 

 

Diesmal wird Prof. Dr. Guido Giani, Emeritus der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und langjähriger Direktor des DDZ mit der Goldmedaille geehrt. Die feierliche Preisverleihung findet am 20. November dieses Jahres statt. Es wird wieder eine Laudatio und einen wissenschaftlichen Ehrenvortrag geben.

Und die von-Mering-Goldmedaille wird inmitten der Feiernden fotografiert.   Sehr gut kann ich es mir vorstellen. Dreimal bin ich Zeuge dieser Zeremonie gewesen, die unserer Familie zur Ehre gereicht, so wie sie dem Preisträger und der verleihenden Institution, dem DDZ, und ihrem Direktor Prof. Roden zur Ehre gereicht. Und ich bin auch beim 4. Mal sehr freundlich wieder eingeladen worden. 

Aber ich habe mich entschieden, nicht noch einmal nach Düsseldorf zu fahren. Auch Dankbarkeit muss nicht überdehnt werden. Ich freue mich, dass meine Biografie des Professors Josef von Mering so anerkannt wurde - obwohl ich doch seine medizinischen Leistungen gar nicht abschätzen konnte. Eine ganze Menge über das Wissensgebiet meines Verwandten in Halle habe ich erst bei diesen festlichen Ereignissen in Düsseldorf erfahren und sehr liebenswürdige Menschen kennengelernt. Aber aller guten Dinge sind drei. Dabei soll es bleiben. 

 

 

Der Familienforscher ist bemüht, jedem der Vorfahren gerecht zu werden. Grundsätzlich möchte ich niemanden ausschließen, im Gegenteil, jedem in seiner Zeit und an seinem Ort mit Respekt begegnen. Manchmal ist das ganz einfach, manchmal schwer. 

Mein Großvater, der Bildhauer und Modelleur Carl von Mering, hat schon seine Frau und seinen Sohn vor den Kopf gestoßen. Meine Großmutter und mein Vater waren erschrocken bis entsetzt, als er 1931 der NSDAP beitrat. Ich habe diesen Schritt als von Verzweiflung diktiert aufgefasst: er war seit langem arbeitslos und schrieb das der Politik des Weimarer Staates zu. Aber offenbar hat mein Vater das anders gesehen. 

Noch einmal möchte ich versuchen, meinem Großvater und seiner Haltung zum Dritten Reich nachzuspüren, anhand der überlieferten Fotos seiner Werke aus dieser Zeit. Dazu reise ich nach Rodenkirchen, dem kleinen Ort bei Köln am Rhein, wo er gelebt hat. Ich treffe mich mit Mitgliedern des Kleinen Runden Tisches von "Rodenkirchen erinnert sich" und dem Initiator dieser Gruppe Dr. Cornelius Steckner. Ich möchte von meinem Großvater erzählen und von den Rodenkirchnern hören, was sie in ihren Familien zur Kunst im Dritten Reich erinnern. Was wurde in der Schule, in der Kirche, im Ruderverein, im Karnevalsverein, in der Nachbarschaft, am Stammtisch und am Abendbrottisch der Familie dazu gesagt? Was war wichtig? Was galt als schön? 

Oder wurde geschwiegen? So wie heute geschwiegen wird? 

Ich bin gespannt.

 

 

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