Johann Friedrich Mering, Zöllner in Andernach

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Zuerst veröffentlicht in: ANDERNACHER ANNALEN 5, 2003/2004, Hrsg. v. Historischen Verein Andernach e. V., S. 64ff.

Das Testament von Tilman Theodor Mering 1717

„Im Jahr Christi tausend sieben hundert und siebenzehn in der 10.ter Römer Zinß Zahl bey Herrsch- und Regierung des Allerdurchleuchtigsten, Großmächtigst- und Unüberwindlichsten Fürsten und Herren Herrn Caroli Sexti Von Gottes gnaden erwehltem Römischen Kaysers[1]“ liegt ein junger Priester in Köln auf dem Sterbebett. Es ist Tilman Theodor Mering, geboren in Köln am 25. 9. 1689, Priester seit 1711, seit 1715 Kanonikus an St. Apo­steln[2]. Theodor Mering ist „Zwahren Bettlegerich krank“, kann „aber guten Verstandes sein Redt reden“.  „In der Tranckgassen dahier in Wohnbehausung des Hochwürdig Herrn Thumb Capitularen Herrn Henrichen Mehring[3] oben auffen newen Zimmer Straßen warths“, also in der Wohnung des älteren Halbbruders des  Kranken, haben sich Schöffen, Zeugen, Schreiber mit dem „bei Einem Ehrsahmen Hochcolnißen Rath immatriculirten Notario“ versammelt. Tilman Theodor verfügt, nachdem er für seine Seele, sein Begräbnis, seinen Beitrag zum Dombau und die Gedenkmesse in Sankt Aposteln gesorgt hat: „Zum Fünfften Legirte Seinem Brudern Herrn Friderico Mehring wöchentlich ein Reichs Thaler unfehlbar nach sein Testatoris Todt den selben pro alimentis Leblänglich auß zu Zahlen und Her zu geben“. Diese freundliche Fürsorge für den Bruder schränkt der Testator aber einige Abschnitte später erheblich ein: „welchen (wenn) aber sein Testatoris Vorhin gem. (gemeldeter) Bruder Friderich Mehring sich solcher gestalt aufführen wird, daß die familie darob unglimpff hätte od. auch dessen Creditoren dieses alimentations deputat mit arrest od. anderen Exemtions Mittel Bestricken würden, solchen pfalls solle Herrn Testatoris universal Erb ahn (an) fernere Zahlung des wöchentlichen Reichsthalers nit gebunden sein sondern zu anderwärtigem ihm Beliebig Ends Verwenden Mögen.“Die Beziehung des sterbenden Theodor zu seinem nur wenig älteren leiblichen Bruder[4] Fridericus oder Friderich Mering ist also eine sehr ambivalente. Einerseits möchte er über seinen Tod hinaus für ihn sorgen, indem er ihm eine wöchentliche Hilfe zum Lebensunterhalt aussetzt. Andrerseits fürchtet er, dass dieser Bruder der Familie „Unglimpff“, also „Schande“ machen könnte und dass seine Schulden so verzweifelt ansteigen, dass Gläubiger ihm auch den einen Reichsthaler wöchentlich würden streitig machen. Wir stellen uns nach diesem brüderlichen Zeugnis unter Friderich Mering einen Mann vor, der ein ziemlich loses Leben führt.

Johann Friedrich Merings Totenzettel

Ein ganz anderes Bild von eben diesem Mann vermittelt der pompöse Totenzettel Johann Friederichs (denn so schreibt er sich nun), von dem eine Fotokopie in meine Hände gelangt ist[5]. „Jesus! Maria! Joseph! Franciscus! Im Jahr nach der gnadenreichen Geburt Jesu Christi 1754 den 20ten Januar ist dahier zu Andernach Weyland Der Hochwohlgebohrne Hochgelehrte Herr, Herr Johann Friederich von Mering Zeitlebens gewesener Kaiserl. Königl. Hauptmann beym löbl. Ogilvischen Regiment zu Fuß, nachheriger Direcktor der hies. Ober-Zöllnerei, Kur-Kölnischer Rath, Syndicus des Franziskaner Novitiat und Patron der Familien-Stiftung zum Kreutzberg u. s. w. Nachdem derselbe schon längst mit einem Schlagflusse starck gerührt und gelähmet, heute aber mit einer ausserordentlichen Altersschwäche überfallen, mit allen Hochnöthigen nach Christkatholischem Gebrauch wohl versehen worden, in den Willen des Allmögenden sich völlig ergebend, Demselben seelig entschlafen. Hochdessen liebe Seele wird allen Priestern in das heilige Messopfer, besonders dem Orden des heiligen Francisci hierselbst, welchem hoch Er affiliirt zu sein bestens verdienet hat, wie auch aller Christgläubiger Gebeth bestens empfohlen wird, damit Sie desto eher im Frieden ruhe.“ Demnach ist im Alter von fast siebzig Jahren als angesehener Mann in Andernach derjenige gestorben, von dem, als er jung war, in Köln befürchtet wurde, er könne in seinen Schulden versinken und „unglimpff“ über die Familie bringen. Dahinter steht gewiss ein interessanter Lebenslauf.

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