Zuerst veröffentlicht in: EKKEHARD, Familien- und regionalgeschichtliche Forschungen, Hallische Familienforscher "EKKEHARD" e.V., Neue Folge 14 (2007), Heft 2.

 

Manchmal muss man eine Ausnahme machen. Eigentlich schreibe ich nur über meine direkten Vorfahren. Aber meinen Hallischen Freunden vom EKKEHARD zuliebe will ich im Jahr des Stadtjubiläums 2006 eine Hallenser Geschichte bearbeiten. Da ich über meinen einzigen Vorfahren in Halle, den Sanduhrmacher Johann Christoph Wagner[1], noch nichts herausbringen konnte, wähle ich den Medizinprofessor Joseph von Mering. Immerhin ist er mit mir verwandt – ich bin eine geborene von Mering und der Professor ist ein Vetter dritten Grades von meinem Urgroßvater. Vor allem aber gehört er nach Halle: siebzehn Jahre, von 1891 bis 1908, hat er in Halle gewirkt.

Mein Vater Eberhard von Mering nannte ihn „Onkel Rudi“. Aber Rudolf Hammer war nicht mit meinem Vater verwandt wie die Onkel aus der Mering- oder der Eberhardt-Sippe. Hammer war ein so genannter „Nenn-Onkel“. Kinder und Jugendliche damals mussten Menschen der Elterngeneration mit dem Titel „Onkel“ oder „Tante“ anreden, wenn sie diese Erwachsenen duzen durften. Das war selbstverständlich und keine persönliche Entscheidung. Einfach nur den Vornamen zu gebrauchen, wäre respektlos gewesen.

Rudolf Hammer war am 31.8.1882 in Hohenstein/Ostpreußen geboren und hatte seine Jugend in Königsberg verbracht. Dort hatte er auch an der Kunstakademie studiert. Danach hatte er in München und Berlin, in Madrid und Paris malen und lernen können, ganz anders als mein Großvater Carl, der, acht Jahre älter, nie aus dem Rheinland hinausgekommen war.

Im Nachlass meiner Mutter Ruth von Mering, geb. Liebert, haben wir drei Kinder die Briefe unseres Vaters Eberhard von Mering gefunden. Sie hat sie alle treulich verwahrt, aber nach seinem frühen Tod als Soldat im II. Weltkrieg nie wieder gelesen.

Wir kennen unsern Vater nicht, denn ein kleines Kind kann einen erwachsenen Menschen nicht kennen, auch wenn es seine Fürsorge in den ersten Lebensjahren genießt. Wir lernen ihn aus seinen Briefen kennen, die er während einer siebenjährigen Verlobungszeit zweimal die Woche an unsere Mutter schrieb. 

Von November 1933 bis März 1936 war unser Vater Vikar im Westerwald: zuerst im Pfarrhaus Betzdorf/Siegen, dann in Altenkirchen und zuletzt in Hilgenroth.

Die folgenden Briefe beschreiben seine Zeit in Altenkirchen vom 1. April bis Ende November 1934. Sie zeichnen seine Entscheidung für die Bekennende Kirche nach. Und sie sind zugleich eine Quelle für den Kirchenkampf im Westerwald. Sein Lehrherr war der Synodalassessor Pastor Heckenroth, NSDAP-Mitglied.

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